oder kostenlos bei uns mitmachen

NEWS - Regional

image

Augen auf! SONDERAUSSTELLUNG im sam: "Nach dem Leben geformt. Hans Wewerka und das Westerwälder Steinzeug des Jugendstils" noch bis zum 21. Juli

Mustertafel eines Angebotskatalogs der Vereinigten Steinzeugwerke Höhr-Grenzhausen mit Figuren von Hans Wewerka, um 1912, Foto @ Keramikmuseum Westerwald, Archiv Merkelbach

Hans Wewerka, das moderne Westerwälder Steinzeug und Wiesbaden: Der lange Zeit nur Kennern bekannte Keramiker und Bildhauer Hans Wewerka, 1888 - 1915, geboren in Nordböhmen bei Gablonz in Österreich-Ungarn und aufgewachsen in Höhr-Grenzhausen im Westerwald, wurde erst jüngst wiederentdeckt. Wiesbaden bildet die vierte und letzte Station der Wanderausstellung, deren Konzeption als Werkschau um neugewonnene Erkenntnisse zu Leben und Werk des im 1. Weltkrieg als Soldat jung gestorbenen Künstlers bereichert wird.

1912 erwarb das Landesmuseum Nassauischer Altertümer für den geplanten Museumsneubau an der Rheinstraße ein größeres Konvolut modernen Westerwälder Steinzeugs, darunter drei Figuren von Hans Wewerka. Das Ensemble von 18 Keramiken, dass sich im Sammlungsbestand der Stiftung Stadtmuseum Wiesbaden, Sammlung Nassauischer Altertümer befindet, wird in der Ausstellung in Teilen gezeigt. Es dient als Ankerpunkt für einen erweiterten Blick auf den künstlerischen Aufbruch, der das Westerwälder Steinzeug um 1900 erfasste und die Voraussetzungen für Hans Wewerkas innovative Figurenplastik schuf.

Auch Wiesbaden hatte Anteil an dieser Entwicklung. Heute vergessen, erhielt Ernst Barlach hier 1909 auf der 1. Großen Wiesbadener Kunst- und Gewerbeausstellung die Goldene Medaille und den Ehrenpreis des preußischen Staates für seine von der Russlandreise 1906 inspirierte Figurenplastik. Zwischen 1904 und 1905 begegnete Hans Wewerka ihm, der noch vor seinem künstlerischen Durchbruch stand, an der Königlichen Keramischen Fachschule in Höhr als Lehrer für figürliches Modellieren und Zeichnen. Dieses Zusammentreffen prägte persönlich und künstlerisch den jungen Hans Wewerka, wie sich an seinen figürlichen Arbeiten der Frühzeit deutlich zeigt.

Hans Wewerkas Figurenplastik
Ein empathischer Blick auf Menschen des Alltags mit künstlerischer Raffinesse und Reduktion auf das Wesentliche

Hans Wewerkas Kleinplastik entstand zwischen 1908 und 1909 sowie 1913. In dieser Zeit bildete er sich an der Kunstgewerbeschule in Düsseldorf bei Rudolf Bosselt, 1871 - 1938, zum Bildhauer weiter und wirkte ab 1911 als Lehrer an der Kunstgewerbeschule Magdeburg in der Klasse für Bildhauer und Modelleure.

Die Figuren zeigen im Spannungsfeld von Jugendstil, Realismus und Expressionismus vorwiegend Menschen des Alltags wie Marktfrauen, Frauen mit Kindern und Wanderhändler. Seine Motive fand der Künstler zumeist auf der Straße und auf Marktplätzen in dem um 1900 verarmten, kleinbäuerlich geprägten Westerwald. Gezeigt werden alle bislang bekannten 56 Figuren, die 11 verschollenen im Foto. Ausgeführt zumeist in salzglasiertem Steinzeug durch die Keramikfirmen Reinhold Hanke und Reinhold Merkelbach, markieren sie den Beginn figürlicher Serienproduktion in der Westerwälder Steinzeugindustrie.

Schon die Zeitgenossen rühmen die hohe plastische Qualität von Wewerkas figürlicher Plastik, für die er, bisher unbekannt, 1910 auf der Brüsseler Weltausstellung eine Silbermedaille erhielt. Die reduzierte, blockhafte Formgebung im Frühwerk erinnert an Barlachs Figuren von Bauern und Bettlern, die nach der Russlandreise 1906 entstanden. Prägenden Einfluss, insbesondere bei der Themenwahl hatten darüber hinaus der für seine Kleinplastik gerühmte niederländische Bildhauer Joseph Mendes da Costa, 1863 - 1939, sowie der Bildhauer und Reformpädagoge Rudolf Bosselt. Ausgewählte Werke aller drei Künstlern sind in der Ausstellung zu sehen.

Gezeigt werden in Wiesbaden auch die wenigen, sicher nachweisbaren Gefäßentwürfe, die Hans Wewerka mehrheitlich für die Firma Reinhold Hanke aus Steinzeug schuf. Darunter befindet sich als Leihgabe aus Magdeburger Museumsbesitz eine Bowle mit einem Fries musizierender Putten, die nunmehr zweifelsfrei als Werk von Hans Wewerka anzusehen ist.

Die Ausstellung bietet eine einzigartige Gelegenheit, das gesamte, vor allem figürlich geprägte Lebenswerk von Hans Wewerka vor dem Hintergrund seiner Biographie zu sehen und Hans Wewerkas bedeutenden Beitrag zur deutschen Keramikkunst des frühen 20. Jahrhunderts zu würdigen.

Nach dem Leben geformt. Hans Wewerka und das Westerwälder Steinzeug des Jugendstils
Vom 20. März bis 21. Juli 2024 im sam - Stadtmuseum am Markt in Wiesbaden
Eröffnung am Di 19.03.2024, 19 Uhr im sam
Direktorin Sabine Philipp, M.A.
Kuratorenteam der Ausstellung Blanka Linnemann, M.A. Ulrich Linnemann

Blanka und Ulrich Linnemann kamen bereits während ihres kulturgeschichtlichen Studiums mit Keramik verschiedenster Epochen in Kontakt. Blanka Linnemann bringt zudem Erfahrungen und Kenntnisse einer vorangegangenen Ausbildung als Keramikerin ein. Beide dokumentieren, sammeln und erforschen im Schwerpunkt Europäische Keramik des 18. und 19. Jahrhunderts nahezu aller keramischer Gattungen mit einem Schwerpunkt auf dem Steingut. Seit 2020 arbeiten sie ehrenamtlich die historischen Steingutbestände des Kunstmuseums Moritzburg Halle (Saale) auf. Im jüngst erschienenen Band 3 der Forschungsreihe "Stifter & Schenker des Kunstmuseums Moritzburg Halle (Saale)" publizierten beide zuletzt ausgewählte Objekte aus Steinzeug und Fayence des 15. und 16. Jahrhunderts.

sam - Stadtmuseum am Markt, Marktplatz, 65183 Wiesbaden, 0611 - 44 75 00 60
info@stadtmuseum-wiesbaden.de
Öffnungszeiten Di - So 11 bis 17 Uhr, Do 11 bis 20 Uhr
Eintritt: 6 € | 4 €*, Freier Eintritt für alle unter 18 Jahren. *Ermäßigung für Studierende, Auszubildende, Freiwilligendienstleistende, Schwerbehinderte, Arbeitslose, Besitzende der Wiesbaden TouristCard, der Ehrenamtscard oder der Kurkarte sowie Fahrkarten der Thermine.
Weitere Infos auch zum Begleitprogramm unter: www.stadtmuseum-wiesbaden.de
Wir danken allen privaten und institutionellen Leihgebern und Unterstützern, die diese Ausstellung möglich gemacht haben, darunter:
Badisches Landesmuseum, Karlsruhe
Centraal Museum Utrecht (NL)
Ernst Barlach Stiftung Güstrow
Evangelische Kirchengemeinde Biederitz
Keramikmuseum Westerwald, Höhr-Grenzhausen
Archiv Heribert Fries, Höhr-Grenzhausen
Forum Gestaltung e.V. / Wewerka Archiv, Magdeburg
Kulturhistorisches Museum Magdeburg, Magdeburg Kunstmuseum Kloster Unser Lieber Frauen, Magdeburg
Stadtarchiv Wiesbaden



 

News von: Eva Köhler / M.A. Verwaltung / Presse & Öffentlichkeitsarbeit / sam - Stiftung Stadtmuseum / Wiesbaden // yt, 03.05.2024

SHORTNEWS

  • Academie Kloster Eberbach (AKE)

    Die Academie Kloster Eberbach (AKE) ist auch in diesem Jahr (2024) wieder mit vielen Interessenten im Dialog und feiert im Jahr 2025 ihren 20. Geburtstag. Das Team der AKE wurde per Ende März durch neue Vorstandsmitglieder verstärkt. Im nächsten Jahr (2025) feiert die Academie Kloster Eberbach ihren 20. Geburtstag und blickt...mehr
  • Bundesprogramm "JUGEND erinnert" unterstützt Gedenkstätten

    Kulturstaatsministerin Claudia Roth hat heute gemeinsam mit Außenministerin Annalena Baerbock und Bundesjugendministerin Lisa Paus die Gedenkstätte Sachsenhausen besucht. Bei ihrem Besuch tauschten sie sich mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Bundesprogramms „JUGEND erinnert“ aus, die an der Entwicklung von...mehr
  • Das Schönau-Quartier biegt auf die Zielgerade ein

    Im Schönau-Quartier startet die GWW mit den Arbeiten am dritten und letzten Bauabschnitt. Insgesamt 104 Mietwohnungen, verteilt auf acht Wohnhäuser werden errichtet.   Im Gebiet zwischen der Hermann-Löns-Straße und der Schönaustraße entsteht bereits seit Ende 2018 das neue Schönau-Quartier. In den drei...mehr
  • Omas und Opas wagen das Abenteuer Theater

    Fischer & Frau – für Senioren im Theater kuenstlerhaus43 im Palasthotel   Was da geplant ist, gleicht einer logistischen Meisterleistung, viel Organisation und Kuchenbacken. Ungefähr 40 Senior*innen des Jan-Niemöller-Hauses Wiesbaden sind schon ganz aufgeregt. Am 26. April um 15 Uhr werden am Kochbrunnenplatz drei...mehr
  • Warum in Amerika die Lichter ausgehen

    Da immer mehr Städte und Kommunen in den Vereinigten Staaten völlig pleite sind und deshalb drastisch sparen müssen, wird die Strassenbeleuchtung abgeschaltet. So musste die Stadt Nogales in Arizona 879 Strassenlaternen stilllegen, um Stromkosten zu sparen. Das ist aber noch gar nichts. Die Stadt Santa Rose in Kalifornien hat...mehr